Wie sich die E-Mobilität auf den Betrieb von Immobilien auswirkt
E-Fahrzeuge erleben aufgrund der steigenden Benzinpreise und des politischen Ziels zur CO₂-Neutralität einen wahren Boom. Aber es mangelt an öffentlichen Gebäuden, Büros, auf Firmenparkplätzen und am Wohnort noch immer an der entsprechenden Infrastruktur.
Das Thema E-Ladeinfrastruktur gestaltet sich sehr komplex, da viele Aspekte von der technischen Gebäudeausrüstung über den Energiebedarf und rechtliche Rahmenbedingungen bis hin zur Abrechnung zu berücksichtigen sind. Gesucht werden deshalb Lösungen, die praktikabel und wirtschaftlich vertretbar sind.
Ohne Landeinfrastruktur keine Mobilitätswende
Dank längerer Reichweiten und der Förderung durch den Staat ist mittlerweile jedes vierte (26 %) neu zugelassene Fahrzeug ein klimafreundlicher Stromer. 356.000 Pkw mit reinem Elektroantrieb kamen 2021 neu hinzu. 2020 waren es noch 194.163 und 63.281 in 2019. Die Bundesnetzagentur vermeldete 2021 einen Zuwachs bei den öffentlich zugänglichen Ladepunkten von rund 11.600; folglich standen Ende des Jahres insgesamt 50.901 Ladepunkte zur Verfügung. Laut des Verbands der Automobilindustrie (VDA) teilten sich am 1. Januar 2021 in Deutschland durchschnittlich 17 E-Autos eine Ladesäule – im Oktober stieg die Zahl bereits auf 21 an. Dieses eklatante Missverhältnis zeigt, dass die größte Herausforderung die Ladeinfrastruktur bleibt.
Wo sind Ladekapazitäten gefragt?
Damit für die wachsende Zahl der E-Autofahrer das Laden komfortabler wird, erwarten sie Lademöglichkeiten an ihrem Wohnort, am besten direkt vor der Haustür, an ihrem Arbeitsplatz oder an stark frequentierten öffentliche Einrichtungen wie etwa Krankenhäusern, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Hochschulen, Senioren- und Pflegeeinrichtungen und dergleichen mehr. Somit sind Immobilieneigentümer und die öffentliche Hand gefragt, die entsprechende Infrastruktur zu schaffen.
Wo besteht welcher Bedarf?
Doch wie berechnet sich der Bedarf für E-Ladesäulen für eine Immobilie? Der einfachste Weg, das zu ermitteln, ist eine Befragung der Mieter und Nutzer, ob diese ein Elektroauto besitzen oder beabsichtigen, eines zu kaufen. Es gilt abzuklären, wie lange die Parkdauer ist und ob das Auto für einen kurzen Zeitraum oder den gesamten Arbeitstag abgestellt wird. Wie viele Kilometer beträgt die Anreise und die daraus resultierende Ladezeit für die Rückreise oder das nächste Ziel? Daneben sollten aktuelle Trends berücksichtigt werden, um den Bedarf entsprechend planen zu können.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Verordnungen
Mit der Installation von E-Ladesäulen müssen Immobilieneigentümer viele neue Betreiberpflichten erfüllen. Die Ladesäulenverordnung definiert die Anschlüsse, die technischen Mindestanforderungen an Sicherheit und Interoperabilität sowie die Anzeige- und Nachweispflichten. Danach haben die Betreiber das punktuelle Laden zu gewährleisten – also das Bezahlen ohne Abonnement und ohne Pauschale. Derweil regelt das Eichrecht die Ausstattung der Ladeinfrastruktur bezüglich der Zähler sowie der verbrauchs- und zeitgenauen Abrechnung des Stroms.
Im März 2021 ist das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) in Kraft getreten. Damit muss die Infrastruktur mit Leerrohren und Kabeltrassen in Wohnimmobilien (mit mehr als fünf Stellplätzen) an jedem Parkplatz vorgehalten werden. Es regelt jedoch nicht, wie die Energieeinspeisung sichergestellt werden soll. Und da genau liegt der Knackpunkt: Im schlimmsten Fall investiert die Wohnungswirtschaft in eine Infrastruktur, die nicht genutzt wird oder nach zehn Jahren veraltet ist, weil ein anderer Standard gefragt ist.
Der ideale Standort
Aus dem Bedarf der Mieter und Nutzer, deren Ladeverhalten, Parkdauer, Anzahl der Fahrzeuge sowie den entsprechenden Verordnungen lässt sich die Stellplatzplanung ableiten. Wo auf dem Außengelände oder in der Tiefgarage einer Immobilie sich der Standort lokalisiert, ist wiederum abhängig von den verfügbaren Platzkapazitäten. Dementsprechend müssen die Energieversorgung, Kommunikationssysteme und das Lastmanagement-System zum Ausgleich der Spitzen konzipiert werden. Dabei gilt es auch, äußere Umweltfaktoren wie z. B. Regen oder Sonneneinstrahlung zu beachten. Aus Sicherheitsgründen können je nach Standort noch eine entsprechende Beleuchtung und Videoüberwachung erforderlich sein.
Abrechnung und Verwaltung
Öffentlich zugängliche Ladepunkte müssen das punktuelle Laden ermöglichen, also spontanes und systemoffenes Aufladen. Der Abrechnungs- und Verwaltungsaufwand verringert sich enorm, wenn der Betrieb entweder durch einen Energieversorger oder einen Drittanbieter ausgelagert wird. Denn im Selbstbetrieb benötigt der Betreiber eine Stromlieferlizenz, muss die Meldepflicht zur EEG-Umlage und die Stromsteuer berücksichtigen.
Ökologisch weiter gedacht
Wenn der Strom aus regenerativen Energiequellen stammt, entsteht ein ökologisch sinnvoller Kreislauf. Dies gelingt beispielsweise über eine Photovoltaikanlage auf Gebäuden, die die Energie entweder direkt an die Ladesäulen abgibt oder in Batterien speichert. Sofern die Wärmetechnik im Gebäude ausgetauscht wird, sollte geprüft werden, ob sich die Umrüstung auf ein Blockheizkraftwerk lohnt, um überschüssige Energie für den Betrieb der Ladesäulen zu nutzen. Um den benötigten Energiebedarf jederzeit gewährleisten zu können, braucht es für die Installation der E-Ladeinfrastruktur ein übergeordnetes Energiekonzept, das mit der Technischen Gebäudeausrüstung in Einklang steht.
Chancen für Eigentümer und Betreiber
Mit einer intelligenten Lösung für die E-Ladeinfrastruktur können Eigentümer und Betreiber ihre Immobilie zukunftsfähig aufstellen. Damit erfüllen sie einerseits die gesetzlichen Vorgaben zum Ausbau der Ladeinfrastruktur. Andererseits bedienen sie die steigende Nachfrage seitens ihrer Nutzer und Mieter und bieten ihnen damit einen konkreten Zusatznutzen. Zudem bleibt der Aufwand überschaubar, wenn der Betrieb und die Verwaltung komplett an Drittanbieter ausgelagert werden.
Ein Whitepaper von Florian Günther, Prokurist und Teamleiter TGA, CANZLER GmbH