SCHOLLENBERGER Trainees berichten - Vol. 1
Tim Stanski kommt als Erster zu Wort und berichtet über das DEGES-Projekt BAB A281 Bremen, Bauabschnitt 4, Baulos 1.3a und 1.3b
Über Tim Stanski:
Nach Absolvierung eines Studiums der Geowissenschaften und Geotechnik an den Universitäten Köln und Bremen bin ich im Februar 2019 als Trainee bei der SCHOLLENBERGER Kampfmittelbergung GmbH angestellt worden. Während des Trainee-Programms hatte ich die Möglichkeit die Strukturen und Arbeitsabläufe in den verschiedenen Abteilungen und Positionen der Firma kennenzulernen. Ausgestattet mit den Erfahrungen aus der Abteilung Geoinformation und Geophysik, dem kaufmännischen Innendienst, der zentralen Disposition und dem Einsatz auf mehreren Großräumstellen, sowie dem Besuch eines Lehrgangs zur Ausbildung zum fachtechnischen Aufsichtspersonal in der Kampfmittelbergung, führe ich seit Beginn 2020 meine Arbeit als Projektleiter im Bereich Hamburg aus.
Das Projekt:
Im Rahmen des Bauvorhabens Weserquerung Bremen wird die Verbindung der beiden Bundesautobahnen A1 und A27 im Bremer Westen hergestellt. Da sich weite Bereiche der späteren Straßentrasse auf Kampfmittelverdachtsflächen befinden, wurde SCHOLLENBERGER mit der Kampfmittelsondierung und -bergung in den Baulosen 1.3a sowie 1.3b beauftragt. Diese beinhalten eine Gesamtverdachtsfläche von ca. 15 ha, welche sich zwischen dem Weserufer im Süden und der bereits bestehenden Anschlussstelle „Industriehäfen“ der BAB 281 befinden. Der Auftraggeber dieser Maßnahme ist die DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs und Bau GmbH.
Anhand von historisch-genetischen Erkundungen und der Auswertung von Luftbildaufnahmen aus dem 2. Weltkrieg wurde der Kampfmittelverdacht festgestellt. Die Auswertungen ergaben, dass auf den Flächen der späteren Autobahn mit Abwurfmunition zu rechnen ist. Es gibt keine Hinweise auf stattgefundene Bodenkämpfe, jedoch kann das Vorhandensein von vergrabener Infanteriemunition nach Rückzugsbewegungen der deutschen Streitkräfte nicht ausgeschlossen werden.
Die Sondier- und Räumarbeiten vor Ort wurden am 12.04.2021 aufgenommen. Die geplante Bauzeit beträgt 13 Monate, sodass eine Freigabe der Sondierflächen bis Ende April 2022 vorgegeben ist.
Zur Gewährleistung des Räumziels ist ein angemessenes Kontingent an Maschinen mit dem entsprechend ausgebildeten Personal erforderlich. Im durchschnittlichen Räumstellenbetrieb beträgt die Personalstärke ca. 25 Personen. Darunter ein Räumstellenleiter und sein Vertreter, 4-5 weitere Truppführer, 10 Maschinisten und mehrere Sondierer. Der Maschinenpark der Räumstelle umfasst 7 Bagger, 2 Radlader, 3 Dumper, eine Walze, sowie zwei Separationsanlage mit vier Haldenbändern.
Das Bauvorhaben der Baulose 1.3a und 1.3b stellt eine große logistische, sowie technische Herausforderung dar, da das Projekt über die reine Kampfmittelbergung hinaus Abbruch-, Tiefbau-, Wasserhaltungs- und Altlastensanierungsleistungen beinhaltet. Auf Grund der historischen Nutzungsverhältnisse der Flächen (ehemaliger Ölhafen, vorhandene Tanklager, etc.) ist in bestimmten Bereichen mit erheblichen Kontaminationen im Untergrund zu rechnen. Die entsprechenden Anforderungen an Personal, Maschinen und PSA müssen stetig an die vorhandenen Gegebenheiten angepasst werden. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Arbeitsbereiche innerhalb des Werksgeländes des Stahlwerkes der Arcelormittal Bremen GmbH liegt. Hier sind genaue Abstimmungen über Fahrwege und Arbeitsbereiche zu treffen sowie verschärfte Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten.
Zur Sicherstellung der Arbeitssicherheit der Mitarbeiter wurde vor Beginn der Maßnahme eine umfassende, projektbezogene Gefährdungsbeurteilung und Gefahrenanalyse erstellt, die die Grundlage verschiedener Betriebsanweisungen darstellt. In diesen sind Arbeitsabläufe und Sicherheitsvorkehrungen für die einzelnen Arbeitsschritte formuliert und beschrieben, die bei den Arbeiten einzuhalten sind. Vor Arbeitsbeginn wird arbeitstäglich eine s.g. Last-Minute-Risk-Analyse (LMRA) durchgeführt, bei der jeder einzelne Mitarbeiter seine PSA und seinen Arbeitsplatz auf Tauglichkeit und Gefahren überprüft. Alle sicherheitsrelevanten Themen werden in regelmäßigen Abständen (mind. monatlich) bei Unterweisungen durch das Führungspersonal an die Mitarbeiter vermittelt. Auf diese Weise wird ein sicherer Arbeitsablauf sichergestellt.
Das seitens des Fachplaners erstellte Räumkonzept der Gesamtmaßnahme sieht für die verschiedenen Bereiche des Baufeldes unterschiedliche Sondiermethoden vor. Je nach Bereich, sollen EDV-gestützte Oberflächensondierungen mit anschließender Beräumung der Verdachtspunkte, Tiefensondierungen und Volumenberäumungen durchgeführt werden. Aufgrund der hohen Störkörperdichte in den oberen Metern des Bodes kann eine Sondierung der Oberfläche sowie die Bohrlochsondierung nicht als zielführend angesehen werden. Im Zuge dessen erfolgte zu Beginn der Maßnahme eine umfassende Umstellung des Räumkonzeptes in enger Abstimmung mit dem staatlichen Kampfmittelräumdienst des Landes Bremen. Das abgestimmte Vorgehen sieht vor, dass nahezu der gesamte Bauabschnitt nördlich der Weser mittels Volumenberäumung vom Kampfmittelverdacht befreit werden soll. Hier ist mit einer deutlichen Verlängerung der Bauzeit zu rechnen, da wesentlich mehr Erdmassen bewegt werden müssen, als es in der ursprünglichen Planung vorgesehen war.
Im Zuge der Volumenberäumung wird der vorhandene Boden lagenweise (0,30 m/Lage) ausgebaut. Während des Ausbaus findet regelmäßig eine Sondierung der aktuellen Sohle, sowie des ausgebauten Materials statt, um größere Störkörper und potentielle Kampfmittel zu detektieren und zu bergen. Auf diese Weise wird der Boden so lange abgezogen, bis ein sondierfähiger Horizont erreicht wird. Als sondierfähiger Horizont gilt ein Boden mit entsprechend niedriger Störkörperdichte. Anschließend findet eine finale Sohlensondierung statt, bevor ein Termin zur Abnahme der Fläche durch den staatlichen Kampfmittelräumdienst Bremen vereinbart wird. Dieser führt eine Kontrollsondierung durch und bescheinigt im Anschluss die Kampfmittelfreiheit der Fläche in Form eines Abnahmeprotokolls.
Das kampfmittelfreie Bodenmaterial aus der Volumenräumung wird nach der Sondierung zur zentralen Separationsanlage transportiert. Hier findet eine Siebung des Materials nach Korngrößen und kleineren Metallteilen statt. Die Grobfraktion (Bauschutt und Korngrößen > 60 mm) wird vom restlichen Boden getrennt und ggf. für einen späteren Wiedereinbau durch eine Brechanlage zerkleinert oder einer Entsorgung zugeführt. Das restliche Bodenmaterial wird zur Wiederverfüllung, der während der Volumenberäumung entstandenen Baugruben, verwendet. Der Wiedereinbau des Bodens erfolgt über eine lagenweise Verdichtung, um eine angemessene Bodenstatik für die spätere Autobahn zu gewährleisten. Ziel ist das Herstellen einer kampfmittelfreien Planumsfläche, welche dem Auftraggeber nach Beendigung der Arbeiten übergeben wird.
Im Rahmen der Arbeiten wurden bereits mehrfach Kampfmittel aufgefunden und durch den Kampfmittelräumdienst Bremen übernommen und entsorgt. Unter anderem wurde am 11. und am 21.05.2021 jeweils ein amerikanischer Zerscheller (1x 500 lbs und 1x 250 lbs) gefunden. Dabei handelt es sich um Bomben, die weder während des Fluges, noch nach dem Aufprallen auf dem Boden zur Umsetzung gekommen sind, deren Außenhülle jedoch durch den Aufprall aufgerissen wurde. Neben den beiden Zerschellern konnte eine Vielzahl von alliierten Stabbrandbomben und einige Überreste von Handfeuerwaffen geborgen werden.
Diese Funde bestätigen den enormen Aufwand der betrieben wird, um die Kampfmittelfreiheit auf dem gesamten Baufeld der späteren Autobahn zu erzielen. Schlussendlich soll dem Auftraggeber ein sauberes Baufeld übergeben und ein sicheres Arbeiten für die Nachgewerke gewährleistet werden.